18.
und 19. Jahrhundert
die
Judengemeinde von Schaffa
Der Frainer Gutsherr Max von Starhemberg
gewährte im Jahre 1671 den von Wien und Niederösterreich vertriebenen Juden in
Schaffa eine Freistätte, da der Ort durch die Verheerungen im Jahre 1645 als
Folge der Schwedenkriege noch halb verödet lag. Und so ließen sich die ersten
Juden in diesem Jahr in Schaffa nieder. Die meisten von ihnen kamen aus
Weitersfeld und Pulkau. Von den in Schaffa angesiedelten 85 Judenfamilien
besiedelte nur ein Teil die ihnen zugewiesene Freistätte, die bis 1938 die
Bezeichnung Judengasse trug. Ein anderer erwarb Baustellen im Marktteil von
Schaffa.
Durch die Judensiedlung im Nordteil von Schaffa kam es, dass der Judenfriedhof
nordwestlich der Stadt angelegt wurde.
Im Jahre 1744 sollten die Juden laut Befehl der Kaiserin Maria Theresia Schaffa
verlassen, jedoch die Herrschaft Frain bat in der Hofkanzlei in Wien, von
dieser Anordnung abzusehen, da das Kreditwesen der Juden von Schaffa mit dem
übrigen Gewerbe dermaßen verflochten wäre, dass es schwer aufzulösen sei.
In der bereits genannten Judensiedlung hatten die Juden im Haus Nr. 112 ihr
Gebetshaus und im Haus Nr. 111 ihre Badestube. Im Jahre 1779 wurde die Synagoge
vollendet und eingerichtet.
Nach dem Toleranzedikt Josef II. im Jahre 1781 wurde den Juden erlaubt, Schulen
zu gründen. Auch in Schaffa wurde 1800 eine Judenschule gebaut. Ihr erster
Lehrer war Leopold Lederer aus Trebitsch. Diese Schule stand bis zur Einführung
des Reichsvolksschulgesetzes im Jahre 1869 unter der Aufsicht der Pfarre
Schaffa.
Bis zum Jahre 1848 stand die Judengemeinde von Schaffa unter dem Schutz der
Herrschaft Frain. Für diesen Schutz hatten die Juden von Schaffa regelmäßig
Abgaben zu leisten. Durch die Revolution im Jahre 1848 wurden die Juden in
Österreich gleichberechtigte Staatsbürger. In Schaffa konnten sie neben der
Kultusgemeinde daher auch eine politische Gemeinde gründen. Von 1848 bis 1919
bestand Schaffa aus zwei verschiedenen politischen Gemeinden: aus der
christlichen und der jüdischen Gemeinde.
Bis 1848 mussten die Juden mehrere Beschränkungen in Kauf nehmen: Sie durften
keinen Grund besitzen, hatten beschränkte Ehezahl und mussten in den
Judenvierteln (Ghettos) wohnen. Bis zum Jahre 1848 wohnten in Schaffa 650 Juden
in 122 Häusern. Nach diesem Jahr erwarben 15 Judenfamilien durch
Kreditgewährung Häuser in der Christengemeinde. Auch in vielen Nachbarorten
siedelten sich Juden an und betrieben dort meist einen Krämerladen. Ein Denkmal
der politischen Freiheit der Juden von Schaffa ist das 1869 vollendete neue
Schul- und Gemeindehaus.
Im Jahre 1870 wurde die Franz-Josefs-Bahn eröffnet und 1872 die Nordwestbahn.
Für die Juden von Schaffa bedeutete diese neue Zeit mit ihren Eisenbahnen und
aufstrebenden Städten den Anfang einer rückläufigen Entwicklung, da nun die
Hausiererjuden immer mehr und mehr aus dem Warenverkehr ausgeschaltet wurden.
Die Schaffaer Juden hatten bis Znaim, Hollabrunn, Krems, Zwettl und Zlabings
den gesamten Verkauf von Tuch, Leinen und Leder sowie den Einkauf von
Schafwolle, Flachs, Häuten, Fellen, Horn, Geweihen und Borsten beherrscht.
Durch die Eisenbahnen wurde es nun ermöglicht, dass Erzeugnisse aus den
Fabriken direkt in Städte und Märkte verschickt werden konnten und die Fabriken
wiederum Rohstoffe aus fernen Gebieten einfacher beziehen konnten.
Viele Schaffaer Juden zogen daraufhin wieder nach Wien sowie in
niederösterreichische und mährische Städte, um dort einen anderen Erwerb zu
suchen. Von 1870 an wurde es immer lichter in der Judengasse. Auch die
dreiklassige Volksschule der Juden hielt sich nur noch bis 1883.
Die Judengemeinde von Schaffa verringerte sich bis 1938 auf 68 Einwohner. Davon
konnte sich ca. die Hälfte vor dem Nazi-Regime retten, der Rest ist Opfer des
Hitler-Regimes geworden. Seit 1943 gibt es keine jüdische Bevölkerung mehr in
Schaffa.
Besondere Persönlichkeiten aus der Schaffinger Judengemeinde:
1) Rabbiner, Dr. Adolf Diamant aus Schaffa
zählt wahrscheinlich zu den Vorfahren des berühmten amerikanischen Musikers
Neil Diamond.
2) Der Romancier Ludwig Winder wurde 1892 im mährischen
Schaffa (Safov), nur wenige Kilometer von Langau und Drosendorf entfernt,
geboren. Er starb am 16. Juni 1946 in London, im Exil. Dazwischen liegt ein
ereignisreiches Leben, das durch die letzten Jahre der Monarchie, die erste
tschechoslowakische Republik und durch den zeitweiligen Triumph des Nazismus
geprägt ist. Ludwig Winder, der 1934 den tschechischen Staatspreis für
(deutschsprachige) Literatur erhielt, hat sich ein Leben lang um den Ausgleich
von Tschechen und Deutschsprachigen bemüht.
3) Ein Verwandter von Bruno Kreisky war Schuldirektor in der jüdischen
Gemeinde
4) Die Familie der Wissenschaftsministerin
im Kabinet Bruno Kreisky: Herta Firnberg stammt aus Schaffa
5) Der heutige
Wissenschaftsminister Johannes Hahn hat familiäre Wurzeln in Schaffa
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